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Aktiengewinne realisieren - Wann macht das Sinn?
Lasst die Gewinne laufen!
Aktiengewinne realisieren – das ist in der Realität gar nicht so einfach. Vor allem, wenn eine Aktie seit Monaten von Hoch zu Hoch eilt. Denn wann macht es überhaupt Sinn eine Aktie, die sich gut entwickelt, zu verkaufen? Und bringt es etwas zumindest Teilgewinne zu realisieren? Mit diesen Fragen beschäftigt sich der folgende Artikel.
Stell dir vor, du hast eine Aktie in deinem Depot, die von einem Hoch zum nächsten eilt. Seit Wochen oder vielleicht sogar Monaten kennt sie nur noch eine Richtung. Es ist fast schon unheimlich, wie der Buchgewinn mit jedem Handelstag weiter steigt. Irgendwann beginnst du natürlich zu grübeln: Soll ich nun Aktiengewinne realisieren? Zumindest ein paar Teilgewinne mitnehmen? Die Aktie muss doch bald schon wieder fallen. Dann kann ich sie ja wieder günstiger zurückkaufen.
Kommt dir das bekannt vor? Wahrscheinlich schon. Denn jeder von uns kommt irgendwann in diese Situation. Und es gibt zweifellos schlechtere Situationen. Warum es aber vielleicht gar keine so gute Idee ist, eine gut laufende Aktie zu verkaufen, erfährst du im Folgenden.
Wenn ein Investment sich als erfolgreich herausstellt, freust du dich natürlich. Das ist normal, denn das Erfolgserlebnis bestätigt deine Investment-Entscheidung und zeigt, dass du den richtigen Riecher hattest. Interessanterweise wird aber nur der anfängliche Gewinn als wirklich positiv wahrgenommen. Je höher du mit der Aktie in die Gewinnzone kletterst, desto geringer fällt deine Euphorie für die Kursgewinne aus.
Diese abnehmende Freude bzw. Sensitivität für weitere Gewinne wird als Dispositions-Effekt bezeichnet. Dieser Effekt wirkt übrigens auch in die andere Richtung: Auch bei verlustreichen Aktien, die immer weiter fallen, stört dich dies immer weniger – selbst wenn die Aktie tief ins Minus rutscht. Mit diesem umgekehrten Phänomen habe ich mich hier in einem Artikel bereits beschäftigt.
Und in beiden Situationen kommt ein weiterer Effekt hinzu: Während du bei Verlierer-Aktien dich bewusst oder unbewusst auf positive Nachrichten stürzt, die deine Hoffnung auf eine baldige Erholung nähren, funktioniert es bei nicht realisierten Aktiengewinnen genau andersherum. Neben die abnehmende Freude über das erfolgreiche Investment mischt sich zunehmend auch die Sorge, dass die Aktie doch bald eh wieder fallen wird. Und dann wären ja alle die schönen Buchgewinne wieder weg. Der innere Druck, die Aktiengewinne zu realisieren, nimmt stetig zu.
Ja, mit diesem Satz drücken wir unseren Unglauben über den jüngsten Kursanstieg der Aktie aus. Vor allem suchen wir uns aber ein Argument, dass es uns erlaubt, endlich die Aktiengewinne realisieren zu können. Aber mal ehrlich: Warum sollte die Aktie, die seit Wochen nur den Weg nach oben kennt, denn ausgerechnet jetzt fallen? Aus Chart-technischer Sicht gibt es keinen Grund, eine Aktie zu verkaufen, die sich in einem intakten Aufwärtstrend befindet.
Und seien wir doch mal ehrlich zu uns: Wenn du eine Aktie mit Gewinn verkaufst, die danach weiter steigt. Freust du dich über deinen Gewinn? Oder überwiegt am Ende doch das Gefühl, weitere Gewinne zu verpassen, da die Aktie zur früh verkauft wurde? Zumindest bei mir ist das Zweite meistens der Fall.
Können denn wenigstens fundamentale Kriterien dabei helfen, den richtigen Zeitpunkt zu finden, um Aktiengewinne zu realisieren? Leider nicht wirklich. Denn gerade bei Aktien, die extrem gut gelaufen sind, lässt sich auf fundamentaler Ebene kaum noch abschätzen, wann die Aktie wieder den Rückwärtsgang einlegen wird.
Natürlich lässt sich feststellen, dass eine Aktie überbewertet ist. Dass Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) längst aus dem Ruder gelaufen sind. Aber was bringt uns diese Feststellung, wenn die Anleger die Aktie weiter kaufen? Denken wir an Tesla (WKN: A1CX3T). Das Unternehmen gilt schon seit Monaten als überbewertet. Und doch wäre es doch sehr ärgerlich, wenn du die Aktie schon vor Monaten verkauft hättest, oder?
Eine Möglichkeit ist es natürlich, dass du nach und nach Aktiengewinne realisierst. In meinen Augen kommt diese Strategie jedoch nur in Frage, wenn es darum geht das Klumpenrisiko im eigenen Depot zu reduzieren, weil eine Position einfach zu dominant geworden ist. Teilverkäufe ausschließlich, um Gewinne zu realisieren, sind dagegen meines Erachtens werden Fisch noch Fleisch. Denn letzten Ende reduzierst du nur deine Rendite, wenn du eine gut laufende Aktie schrittweise verkaufst.
Bei allen Aktien, die ich selbst in der Vergangenheit in Teilen verkauft habe, um Teilgewinne zu realisieren, habe ich mich am Ende auch nur geärgert. Denn die jeweiligen Aktien interessierte das so gar nicht. Sie sind weiter gestiegen und zum Teil habe ich sie dann sogar zu höheren Kursen wieder zurückgekauft.
Ihr merkt es schon: Am Ende ist es gar nicht so einfach, Aktiengewinne zu realisieren. Und ohne Glaskugel lässt sich auch kaum der richtige Zeitpunkt vorhersagen. Verschiedene Kriterien können dir aber eventuell helfen, den richtigen Ausstiegszeitpunkt zu finden:
Die Aktie ist € 1.000,- im Plus oder hat sich seit deinem Einstiegskurs mehr als verdoppelt. Das alles sind keine Gründe, eine Aktie zu verkaufen. Denn die Börse interessiert es überhaupt nicht, wann du mit deiner Position eingestiegen bist.
Befindet sich die Aktie in einem intakten und gesunden Aufwärtstrend, gibt es zumindest aus Chart-technischer keinen Grund den Wert zu verkaufen. Wird der Aufwärtstrend jedoch nachhaltig gebrochen, ist dies zweifellos ein guter Zeitpunkt, Aktiengewinne zu realisieren.
Schau dir regelmäßig die Unternehmensergebnisse an. Sind beispielsweise die Quartalszahlen unter Erwartung, könnte dies zur einer Trendwende führen. Auch hier bietet es sich an, die Gewinne zu realisieren.
Wie ist die Stimmung am Gesamtmarkt oder in der jeweiligen Branche. Trübt sich die Stimmung über einen längeren Zeitraum merklich ein, sind davon in der Regel die meisten Werte auch betroffen. Auch dies könnte ein guter Ausstiegszeitpunkt sein.
Wenn du Aktiengewinne realisieren möchtest, solltest du gleichzeitig bereits wissen, wie du dein Geld reinvestierst. Solange du kein alternatives Investment für dich definiert hast, lass das Geld lieber weiter für dich Arbeiten.
Lust but not least: Fühlst du dich mit dem Investment wohl? Wenn du dies nicht bejahen kannst, solltest du die Aktiengewinne auf jeden Fall realisieren. Am Ende ist dies immer eine emotionale Fragestellung. Versuche dennoch so rational wie möglich eine Antwort für dich zu finden.
Am Ende solltet ihr euch immer klar machen: Die Frage, ob ihr Aktiengewinne realisieren solltet, ist positiv. Denn sie zeigt, dass ihr ein gutes Investment getätigt habt. Darüber solltet ihr euch vor allem freuen.
Den ersten Teil dieser bekannten Börsenweisheit erfüllen wir mit Aktien, bei denen wir darüber nachdenken, Gewinne zu realisieren. Lassen wir die Gewinne doch einfach laufen und konzentrieren uns lieber auf den zweiten Teil. Ich habe hier beschrieben, warum es vor allem eine Gefahr für unsere Rendite ist, wenn wir zulange an Verlierer-Aktien festhalten. Und auch in meinem Depot finden sich dafür genug Beispiele.
Wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, eine gut gelaufene Aktie zu verkaufen, ist immer eine individuelle Entscheidung. Wichtig ist am Ende aber auch: Lebt mit dieser Entscheidung und trauert nicht entgangenen Gewinnen hinterher. Niemand von uns kennt die Zukunft – und niemand von uns kennt den optimalen Zeitpunkt, um aus einer Aktie auszusteigen. Wenn wir Aktiengewinne realisieren, schließen wir ein erfolgreiches Kaptiel unser Börsenkarriere ab. Und können uns auf neue Investments konzentrieren.
Wie geht ihr mit Investments um, die gut laufen. Setzt ihr euch ein bestimmtes Ziel? Verkauft ihr in einzelnen Schritten? Ich bin gespannt auf eure Meinung und Kommentare!
sehr interessant, werde mir das künftig zu herzen nehmen. danke für diesen wertvollen beitrag
lg
claudia
Gerne! Freue mich, dass dir der Beitrag gefällt!